Die ersten Frühblüher sind da. Schneeglöckchen, Wildkirschen, Krokusse, Winterlinge. Die Farbtupfer tun unseren Augen und unserer Seele gut. Sie wecken die Sehnsucht nach mehr. Die frische Frühlingsluft erweckt die Erde aus dem Winterschlaf. Wir warten auf den farbenfrohen Frühling mit all seiner Pracht. Der Frühling malt die Natur in allen Farben an.
Der Mandelbaum soll im Land der Bibel der früheste Blüher im Jahr sein. In Hellrosa und Weiß verzaubert er die Herzen. Im Hebräischen bedeutet der Mandelbaum „Der Wachsame“ (š?qed). In seiner Berufungsgeschichte erblickt der zukünftige Prophet Jeremia einen Mandelbaum: „Das Wort des Herrn erging an mich: Was siehst du, Jeremia? Ich antwortete: Einen Mandelzweig sehe ich. Da sprach der Herr zu mir: Du hast richtig gesehen; denn ich wache über mein Wort und führe es aus.“ Der Mandelzweig ist Zeichen für Gott und die göttliche Kraft für seine Aufmerksamkeit uns Menschen gegenüber. Gottes Wort wird Wirklichkeit werden.
Gottes Wort und seine Zeichen werden uns trösten in der so unruhig und friedlos gewordenen Welt. Schalom Ben-Chorin hat das 1942 inmitten der Shoah in poetische Worte gefasst – diese Hoffnung, die uns beim Anblick des blühenden Mandelbaumes erfüllen kann.
"Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt,
ist das nicht in Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?
Dass das Leben nicht verging, so viel Blut auch schreit,
achtet dieses nicht gering in der trübsten Zeit.
Tausende zerstampft der Krieg, eine Welt vergeht.
Doch des Lebens Blütensieg leicht im Winde weht.
Freunde, dass der Mandelzweig sich in Blüten wiegt,
das bleibt mir ein Fingerzeig für des Lebens Sieg."
So können wir unsere Augen dem Frühlingserwachen hingeben – erfüllt von der Hoffnung auf ein neues Ostern in unseren Herzen und in unserer Welt.
Claudia Hofrichter, Geistliche Leiterin im Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart