Viele gratulierten

Die Bannerträger mit dem Bundespräses Joachim Wahl, Diözesanpräses Walter Humm und dem Präses der Ulmer Kolpingsfamilie Reinhold Rampf. Bild: Jürgen Feind

Ein wunderschönes Jubiläumsfest konnte die Kolpingsfamilie Ulm anlässlich ihres 170-jährigen Bestehens am 12. Juni 2022 feiern. Der Diözesanverband gratuliert!

Über 80 Gäste waren gekommen, um der ältesten Kolpingsfamilie im DV Rottenburg-Stuttgart zu gratulieren. Darunter viele befreundete Kolpinggeschwister aus der Umgebung. Der Diözesanvorsitzende Eberhard Vogt überbrachte die Glückwünsche des Diözesanverbands. Unter den Gratulanten war auch Ulms ehemaliger Oberbürgermeister Ivo Gönner, der der Ulmer Kolpingsfamilie seit jeher eng verbunden ist.

Im feierlichen Gottesdienst war die Festfreude deutlich zu spüren. Eigens aus Köln war Bundespräses Joachim Wahl angereist, der gemeinsam mit DV-Präses Walter Humm und dem Ulmer Präses Reinhold Rampf die Festmesse in St. Michael zu den Wengen zelebrierte. Mit ihrem feierlichen Bannereinzug schufen die Kolpingsfamilien aus Plochingen, Weißenhorn, Laupheim, Ehingen, Biberach, Blaubeuren, Füramoos, Neu-Ulm und Pfuhl eine feierliche Kolpingatmosphäre. Und so wurde, wie die Vorsitzende der Kolpingsfamilie, Leni Ofner feststellte, „ein überwältigend schöner Gottesdienst“ gefeiert.

Anschließend ging man zum gemütlichen Teil über. Leni Ofner, ließ die lange Vereinsgeschichte nochmals Revue passieren und erinnerte an so manches Kolping-Highlight, wie zum Beispiel gemeinsame Ausflüge, an die Romfahrt zur Seligsprechung Adolph Kolpings oder den Ausflug zu den Gedenkstätten Adolph Kolpings in Köln.

Die Kolpingbewegung in Ulm ist eine Erfolgsgeschichte - ein Rückblick

Es ist ein großer Fest- und Freudentag für die Kolpingsfamilie Ulm, denn sie feiert nicht nur eine stattliche Zahl an Vereinsjahren. Sondern auch die Fähigkeit, Höhen und Tiefen zu meistern, politische Wirren zu überstehen, Not zu lindern und sich den Herausforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft anzupassen.

Als sich die Ulmer Kolpingsfamilie im Oktober 1852 gründete, war sogar der Verbandsgründer Adolph Kolping (1813 -1865) zugegen. Es war das Jahr, in dem Adolph Kolping seine erste große Reise nach Süddeutschland und Österreich zur Ausbreitung seiner Idee unternommen und viele Katholiken begeistert hatte. Damals hieß der Verein noch „Katholischer Gesellenverein“, später dann Kolpingsfamilie Ulm. 18 Handwerksgesellen und 13 Ehrenmitglieder gründeten den Verein.

Die Vereinsgründung der Ulmer Kolpingsfamilie war die erste in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Sie gilt als Initialzündung der Kolpingbewegung mit heute 135 Kolpingsfamilien und rund 12000 Mitgliedern im Kolpingwerk des Diözesanverbands Rottenburg-Stuttgart.

Die durchreisenden Gesellen wurden in Ulm zunächst in den umliegenden Gasthäusern untergebracht. Doch bald war die Nachfrage so groß geworden, dass 1888 auf dem Zinglerberg ein eigenes Haus mit einem großen Saal erstellt wurde. Das neue Kolpinghaus bot den Gesellen nicht nur Unterkunft und Verpflegung, sondern auch Heimat und Geborgenheit.

Kriege, politisch und wirtschaftlich schwierige Zeiten forderten die Ulmer Kolpingsfamilie. 1919, nach dem Ersten Weltkrieg wuchs die Not. Es herrschte hohe Arbeitslosigkeit. Schnell wurde das Kolpinghaus auf dem Zinglerberg zu einer Art Sozialstation mit Armenspeisung. Bis zu 400 Essen wurden 1919 täglich ausgegeben.

Die Not hielt an und die wirtschaftlichen Verhältnisse wurden immer schwieriger. Die Kolpingsfamilie erkannte diese Not und handelte. 1926 entschloss sie sich das Gesellenheim baulich zu erweitern. In diesem Jahr wurden 2100 Gesellen unentgeltlich beherbergt und 5500 Essen kostenlos abgegeben. Dies war der Lohn für die arbeitslosen Handwerksgesellen, die am Bau des Erweiterungsbaus nach Kräften mitgearbeitet haben.

Mit der Machtübernahme durch Hitler im Jahr 1933 begannen für den katholischen Verein düstere Jahre. Die Nationalsozialisten nahmen das Haus in Besitz und gaben es später unter strengen Auflagen an das Kolpingwerk zurück. Die Benennung „Katholischer Gesellenverein“ wurde verboten. Die Mitglieder konnten sich nur noch im Verborgenen treffen. Im September 1933 musste der Verein in „Deutsche Kolpingsfamilie“ umbenannt werden.

Im Dezember 1944 wurden fast die gesamte Ulmer Innenstadt und auch das Kolpinghaus bei einem Bombenangriff zerstört. In unzähligen Stunden beseitigten die Kolpingmitglieder das Trümmerfeld und bauten das Kolpinghaus in drei Bauabschnitten wieder auf.

1955 wurde das Kolpinghotel eröffnet. 1956 das Kolpinghaus, in dem nun statt der Wandergesellen Jungarbeiter Unterkunft und Verpflegung erhielten. Auch für das Vereinsleben der Kolpingsfamilie gab es wieder größere Räume.

1965 gründete die Kolpingsfamilie, ganz in der Tradition Adolph Kolpings, dem eine allgemeine und religiöse Bildung der Gesellen wichtig war, die Abendrealschule Ulm.

Bis 1965 war Kolping Ulm eine Männerdomäne. Doch die Ulmer Kolpingschwestern waren der Kolpingzeit weit voraus und gründeten 1965 eine eigene Kolping-Frauengruppe. Es war die Erste im Diözesanverband Rottenburg Stuttgart.

In den Sechzigerjahren nahm die Wirtschaft Aufschwung. Junge Arbeiter fanden in ihren Heimatorten Arbeit, der Zustrom der Unterkunft suchenden Arbeiter nahm ab. Und so stand die Kolpingsfamilie Ulm erneut vor neuen Herausforderungen. Kolping sagte einmal: Die Nöte der Zeit wird euch lehren, was zu tun ist.“ So entschloss man sich, das Kolpinghaus von 1975 bis 1982 an die Firma Magirus-Deutz zur Unterbringung ihrer Gastarbeiter zu vermieten.

1982 war schließlich die Nachfrage nach studentischem Wohnraum so groß, dass das Kolpinghaus grundlegend saniert und zu einem Studentenwohnheim mit heute 51 Apartments umgebaut wurde. Wo anfangs Wandergesellen eine Heimat hatten, finden auch heute noch junge Leute eine Heimat während ihres Studiums.

Die Mitglieder der Ulmer Kolpingsfamilie treffen sich regelmäßig im Kolpinghaus am heutigen Adolph-Kolping-Platz zu geselligen und kulturellen Veranstaltungen nach dem Motto Adolph Kolpings: „ Froh und glücklich machen, trösten und erfreuen ist im Grunde das Glücklichste und Beste, was der Mensch auf dieser Welt ausrichten kann.“