Geh aus, mein Herz, und suche Freud!

Bild: Ben Kerckx by pixabay_Pfarrbriefservice

Geistlicher Impuls im Juni

Liebe Kolpinggeschwister,

seit einigen Wochen gehen mir dieses Lied und seine Melodie nicht mehr aus dem Kopf. Es ist ein Lied voller Sehnsucht nach Erfüllung und Glück. Paul Gerhardt hat seine Botschaft in zahlreiche frühsommerliche und sommerliche Naturbilder gekleidet. Man braucht ziemlich viel Ausdauer für diese 15 Strophen. Die Suche nach Erfüllung und Glück, eben nach der Freude, verlangt einem manchmal ganz schön viel Geduld ab. Und dann – ganz plötzlich und unerwartet – ereignet sich etwas von dieser Freude des Herzens. Mir ging das in den vergangenen Wochen in vielen spontanen Begegnungen beim Radfahren so. Da traf ich viele Bekannte und auch fremde Menschen, mit denen ich in ein kurzes überraschendes Gespräch kam. Aus einem „Hallo“ und „Grüß Gott“ entwickelte sich immer wieder ein tiefsinniges Gespräch über Sorgen und Hoffnungen, über die Pandemie und den Wunsch, wieder einmal in Urlaub fahren zu können, über Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, über all die Offenbarungen der vergangenen eineinhalb Jahre, über die Sorge, wie sich unsere Gesellschaft wohl weiter entwickeln würde. Das löste Freude in mir aus und ließ mich immer wieder meine innere Kraft spüren, meinen Dank für mein Leben mit seinen vielen guten Erfahrungen, die die Erschütterungen, die ich auch zur Genüge kenne, aufzuheben vermögen. All das Gute ist stärker als die Trauer über Unerfülltes.

Paul Gerhardt schrieb sein Lied 1653, der Dreißigjährige Krieg ist gerade vorbei, seine Heimat liegt in Schutt und Asche. Er ist in Sorge um seine Frau;  gemeinsam trauern sie um ihr verstorbenes Kind. Das mag sich doch eher nach Herbst und Winter als nach Frühling und Sommer anfühlen. Mitten in diese Situation schreibt er dieses Lob Gottes, mitten in dieser Situation betont er immer wieder, dass er das Lob Gottes nicht lassen kann:

„Ich selber kann und mag nicht ruhn, des großen Gottes großes Tun, erweckt mir alle Sinnen; ich singe mit, wenn alles singt, und lasse, was dem Höchsten klingt, aus meinem Herzen rinnen.“

Welch‘ ein unerschütterliches Vertrauen, das er, der evangelische Theologe, mit der Botschaft des Evangeliums, mit Leben, Tod und Auferweckung Jesu verbindet. Solche Lieder, solche Texte machen Mut – gerade jetzt in einer Phase der Pandemie, in der wir die Lockerungen sichtlich spüren, in der wir auf die Impfungen vertrauen, in der wir hoffen, dass es gut weitergehen wird für unser Land und unsere Welt. Und dass wir auch in unserer persönlichen Welt, zu der unsere Kolpingsfamilien gehören, wieder gut auf die Beine kommen werden, dass wir unseren ganzen Schwung wieder einsetzen können werden, um Erbe und Auftrag Adolph Kolpings mit Tatkraft und Gottvertrauen, mit Engagement und Mut zu erfüllen. Gott schenke uns dazu alle Gelassenheit. Das wünscht euch eure

Geistliche Leiterin Claudia Hofrichter