Es ist kurz vor 16 Uhr. Wir sind etwas bange und die Spannung wächst. Regen, Sonne, Regen, Sonne, Regen – so geht das schon den ganzen Tag. Knapp vor 16 Uhr dann plötzlich wieder Sonnenstrahlen und der Regen hört auf. Der Himmel meint es gut mit uns und schenkt uns sogar einen Regenbogen.
Schnell starten wir mit unseren über 40 Gästen, die sich vom wechselhaften Wetter nicht haben abschrecken lassen, unseren Event zur Eröffnung des ersten Osterbrunnens in Ergenzingen. Adi Geis begleitet mit seinem Akkordeon ein erstes Frühlingslied, bevor schon der nächste Schauer näher rückt, während die stellvertretende Ortsvorsteherin Cornelia Ziegler-Wegner unsere Brunnenaktion würdigt.
An die Stelle einer alten Viehtränke wurde 1967 von der Kolpingsfamilie Ergenzingen der Strickerbrunnen gebaut. Schon damals gab es das Projekt „Unser Dorf soll schöner werden“. Verwendet wurde heimatlicher Tuffstein. Der Steinmetz und Kolpingbruder Ernst Miller war es, der die Strickerfigur für den Brunnen schuf. Er kannte die Tradition, dass im 19. Jahrhundert die Ergenzinger Bauern sich im Winter mit der Strickerei ein Zubrot verdienten. Diese Figur macht den Brunnen einmalig. Denen, die damals dabei waren und noch unter uns sind, ist der Bau des Brunnens in lebendiger Erinnerung. Und man erzählt sich gerne, wie der Metzger, der Bäcker und die Ochsenbrauerei fürs leibliche Wohl der Handwerker sorgten, und natürlich darf die Geschichte, dass zuerst einmal Bier statt Wasser aus dem Brunnen floss, nicht fehlen. Ernst Miller hatte beim Erzählen auf Schwäbisch die schmunzelnden Gesichter und lachenden Herzen auf seiner Seite.
Zusammen mit ihrem Vater Karl Ruoff war Birgit Haug die erste Strickerin in der Narrenzunftgruppe „Stricker“ in Ergenzingen. Birgit ist auch unsere Kolping-Fasnetsbrunnen-Expertin und erzählte uns von der Herkunft und Bedeutung der Fasnetsbrunnen. Magisches Denken war mit den Brunnen verbunden. Wie so oft verbinden sich heidnisches und christliches Denken. Die Eier sind Symbol der Fruchtbarkeit und der Zerbrechlichkeit zugleich. Das Grün kündigt den Frühling an. Fichten-, Tannen-, Buchs- und Birkenzweige in der „Girlande“ verweisen auf die Lebenskraft und den Lebensbaum des christlichen Glaubens.
Unser Osterbrunnen mit seiner Historie trägt deshalb auch die Eiergirlanden in den Farben des Strickerhäs und natürlich die grüne Girlande mit den Eiern in den Kolpingfarben und dem Kolping-K. Wir sind total glücklich über dieses gelungene Projekt. Und was man einmal angefangen hat, wird im nächsten Jahr wiederholt werden.
Danke unserem engagierten Projektteam „Osterbrunnen“: Gertraud Becking, Christiane Beck-Schmidt, Birgit Haug, Claudia Hofrichter und Alfred Nisch.
Text: Dr. Claudia Hofrichter