Im Herbst gibt es viele Erntedankfeste. Wir freuen uns und sind dankbar, wenn wir nach erfolgter Saat eine gute Ernte einfahren. In der Landwirtschaft trifft dies zu. Wir ernten Weizen, wenn wir im Frühjahr die Weizenkörner sähen, sofern die äußeren Bedingungen wie Sonnenschein und Regen mitmachen.
Wie verhält es sich aber im Leben von uns Menschen. Hier ist der Zusammenhang bei weitem nicht so einfach, dass wir ernten, was wir sähen. Eltern leben ihren Kindern den Glauben vor, und doch finden die Kinder keinen Zugang zum Glauben der Eltern. Lehrer wollen die Liebe zum lebenslangen Lernen vermitteln und ihre Schüler*innen auf diesen Weg gut vorbereiten. Und doch gibt es jedes Jahr Schüler*innen, die ohne einen Bildungsabschluss die Schule verlassen.
Und wie ist es in unserer Kolpinggemeinschaft? Trotz manchem vorbildlichen Engagement fürs Gemeinwohl und den sozialen Zusammenhalt gibt es immer weniger Menschen, die bereit sind, in diesem Bereich ihre Lebenskraft und Lebenszeit zu investieren.
In der Bibel gibt es ein klassisches Beispiel, dass das, was wir bekommen, nicht immer im Zusammenhang steht, mit dem, was wir ins Leben investieren. Hiob, obwohl gottesfürchtig und gerecht, trifft ein Unglück nach dem anderen. Der Zusammenhang zwischen gutem Tun und gutem Ergehen ist eben nicht zwingend.
Wir können den Satz: „Der Mensch erntet, was er sät“ eher als eine ethische Leitlinie für unser Handeln verstehen. An den Früchten werden wir erkennen, was wir durch unser Engagement in der Gesellschaft grundgelegt haben. Der Herbst erinnert uns immer wieder daran, darauf zu schauen, was in unserem Einsatz für eine bessere Welt Frucht getragen hat.
Es liegt an uns, ob wir uns immer mal wieder Zeit nehmen, zu überdenken, was von unserem Engagement Frucht getragen hat und was nicht. Daraus können wir Erkenntnisse fürs zukünftige Engagement ableiten, um so das eine mehr zu gewichten und das andere eher loszulassen und dann mehr Raum für Neues zu bekommen.
Walter Humm
Geistliche Leitung im Kolpingwerk