„Biblische Gewaltfreiheit in kriegerischen Zeiten - Christliche Friedensethik trifft Friedenspolitik“, zu diesem aktuellen Thema referierte bei der Kolpingsfamilie Ellwangen Dr. Richard Bösch, Geschäftsführer des „Pax Christi“ Diözesanverbands Rottenburg-Stuttgart. Als Politikwissenschaftler mit Schwerpunkt im Bereich Internationale Beziehungen lehrte und forschte er am Lehrstuhl für Friedens- und Konfliktforschung der Universität Augsburg.
In Zeiten der Kriege in der Ukraine, im Heiligen Land und vielen anderen Orten, geht Richard Bösch der Frage nach, wie mit der Spannung zwischen friedensethischen Überzeugungen, dem Engagement für Gewaltfreiheit und Frieden und den konkreten Konfliktsituationen konstruktiv umgegangen werden kann. Ausgehend von der Definition „Frieden als Qualität sozialer Beziehungen“ zeigte er deutlich auf, dass Frieden nicht in schwarz-weißen Kategorien gedacht, kommuniziert und umgesetzt werden kann. Die Friedensfrage müsse auf verschiedenen Ebenen von individuell bis global, in seiner Vernetztheit im politischen sowie sozialen Raum, verstanden werden. Gerade in heutiger Zeit kann Frieden nur dynamisch erfahren werden, nicht als „Ja oder Nein“, sondern komplex in den Beziehungen der Beteiligten, besonders der Opfer und der Aggressoren. Das zeigten derzeit 188 gewaltsam ausgetragene Konflikte weltweit (Stand 2023). Bösch stellte Frieden weiter, aus einem anderen Blickwinkel gesehen, als ein „Prozessmuster abnehmender Gewalt und zunehmender Gerechtigkeit“ dar. Daraus ergeben sich die Fragen nach den jeweiligen Weltbildern, zwischen einerseits „Kontrolle/Misstrauen“ und andererseits „Vertrauen/Verbundenheit“, welche substanziell Teil der Verhandlungen zwischen den teilnehmenden Parteien sein müssten. Beim Begriff der Solidarität in und zwischen den verhandelnden Parteien lasse sich auch eine Querverbindung zu Kolpings Denkwelt herstellen.
Der anschließend von Diakon Siegfried Hermann moderierte Dialogteil war geprägt von qualifizierten und kritischen Anfragen, welche sachlich, konstruktiv und sehr ausführlich beantwortet wurden. Dies unterstrich den von den Anwesenden als wertvoll und empfehlenswert bewerteten Abend des Kolping-Jahresprogramms.