Heimat suchen als Chance

60 Interessierte waren beim Tag der Verbände dabei. Bild: ako

Die Arbeitsgemeinschaft katholischer Organisationen und Verbände der Diözese Rottenburg-Stuttgart (ako) befasste sich in ihrer Jahrestagung 2019 mit dem Thema Heimat.

60 Verbandsmitglieder und Interessierte waren dabei. In Vorträgen, Bibelarbeiten und Erkundungsgängen in die Umgebung des Tagungshauses in Stuttgart-Hohenheim wurde deutlich, dass Heimat nichts Rückwärtsgewandtes ist, sondern etwas, was uns in der Gegenwart beschäftigt und in die Zukunft weist.

Peter Niedergesäss, Vorsitzender der ako, benannte Globalisierung, Migration, Digitalisierung, Individualisierung, Mobilität, Flexibilität und Beschleunigung als Kennzeichen der heutigen Gesellschaft. Diese Entwicklungen bestimmten unseren Alltag, unsere Arbeitswelt und unser Heimatempfinden, und erzeugten „Verunsicherung“, „Erschöpfung“ und Orientierungslosigkeit.

Der Freiburger Volkskundler und Germanist Prof. Dr. Werner Mezger betonte in seinem Vortrag, dass der Heimatgedanke in der „Gesellschaft 4.0“ nicht zurückgedrängt würde, sondern im Gegenteil „boome“, weil sie „Menschen ermögliche, sich ihrer selbst zu versichern“. Der große Konflikt bestehe heute angesichts der starken Veränderungen – besonders auch der Migration – darin, das „Verhältnis von Eigenem und Fremdem“ durch Bewusstmachen der eigenen Tradition und einladende Öffnung in „eine gute Balance zu bringen“.

Hier setzte auch die Wiener Pastoraltheologin Prof. Dr. Regina Polak an: Sie beschrieb die Migrationsbewegungen, die wir derzeit erleben, als Chance für die Gesellschaft und ganz besonders für die Kirche. In ihrem Vortrag erläuterte sie, dass die meisten biblischen Texte von „Menschen mit Migrationshintergrund“ verfasst wurden und sehr viele Akteure der Bibel bis hin zu Jesus selbst Migranten waren. Die Bibel könne in unserer globalisierten Welt Orientierung bieten, wenn Migration, so Polak, nicht nur als Bedrohung gesehen würde, sondern als „Lernort, um gemeinsam eine neue, inklusive Gesellschaft zu entwickeln“. Christen seien davon überzeugt, dass ihre wesentliche Heimat“ Gott sei, nach dem sie sich sehnen und zu dem sie unterwegs sind. Das bedeute jedoch nicht, „an eine bestimmte Vorstellung von Gott zu glauben oder Weltflucht zu betreiben“, sondern dieses Unterwegssein „als migrantische Lebens- und Lernform“ positiv zu nutzen.
Ein offenes Heimatverständnis in der Kirche biete Andockmöglichkeiten für jene, denen Gott, Glaube und Religion fremd geworden sei, die davon noch nie gehört hätten, die die Kirche vertrieben habe und diejenigen, die in der Gesellschaft unsichtbar, „fremd“, seien – weil sie Gastfreundschaft erfahren und auch in ihrer Verschiedenartigkeit angenommen werden.

Weihbischof Thomas Maria Renz lobte in seinem Grußwort die Verbände als Institutionen, die Heimat anbieten und Heimat sind, oft auch für Menschen, die von der ‚normalen‘ Kirche nicht oder nicht mehr erreicht würden. So unterschiedlich die Verbände und Organisationen mit ihren individuellen Schwerpunkten und Organisationsformen seien, ihr gemeinsames Ziel sei es „Heimat zu finden in Gott.“

 Verantwortlich: Sarah Kubin-Scharnowski, Geschäftsführerin

 

Hinweis: Die Arbeitsgemeinschaft katholischer Organisationen und Verbände der Diözese Rottenburg-Stuttgart (ako) ist ein Zusammenschluss von 36 katholischen Verbänden mit insgesamt rund 145.000 Mitgliedern.