Über 40 Gäste waren am Montagabend ins Haus Adolph Kolping gekommen, wo Barbara Dürr über das Thema „Sterbefasten“ sprach. Sie ist seit vielen Jahren Vorsitzende des Förderkreises Hospiz Veronika in Eningen unter Achalm.
Nach der Begrüßung durch den ersten Vorsitzenden Dirk Häringer stellte Irmi Illing kurz die Arbeit der Hospizgruppe auf der Zwiefalter Alb vor, bevor dann Barbara Dürr die Bedeutung und den Nutzen der sogenannten „SOS-Notfall-Dose“ vorstellte. In dieser werden wichtige Dokumente wie beispielsweise die Patientenverfügung, Medikation oder aktuelle Diagnosen und Erreichbarkeiten von Angehörigen aufbewahrt. Die Dose mit allen wichtigen Informationen wird im Kühlschrank aufbewahrt. Ein grüner Aufkleber an der Haustür weist Rettungskräfte im Notfall auf das Vorhandensein der „SOS-Notfall-Dose“ hin.
Barbara Dürr ging zunächst auf das Thema passive Sterbehilfe ein. Diese sei in Deutschland erlaubt. Im konkreten Fall bedeute dies, dass die Behandlung mit lebensverlängernden Maßnahmen und Medikamenten abgebrochen wird, sofern dies in einer entsprechenden Patientenverfügung festgelegt sei. Für die Angehörigen bedeute dies oftmals eine große emotionale Belastung, sodass es schon vorgekommen sei, dass z. B. ein Sohn aus Amerika, der sich bisher kaum um den Angehörigen gekümmert habe, plötzlich auftauche und der Verfügung widerspreche, so die Förderkreisvorsitzende.
Die Situation eines*r Todkranken sei für das Umfeld nicht selten emotional aufgeladen und führe zu Gefühlen von Hilflosigkeit oder Aggression. Deshalb sei es wichtig, in einer Familie offen darüber zu reden, betonte sie.
Sicher sei dies kein leichtes Thema, so Dürr. Für Angehörige sei das Sprechen über das Sterben aber oft sehr erleichternd und entlastend. Denn so wüssten alle Beteiligten Bescheid, was sich Betroffene für das eigene Lebensende vorstellen.
Sterbefasten, also die Verweigerung von Essen und Trinken, erscheine für viele als eine leichte und einfache Methode, aus dem Leben zu scheiden. Doch diese Vorstellung sei abwegig, denn bei manchen Patienten ziehe sich der Vorgang über Wochen hin. Alles andere als angenehm sei es, letztlich an schmerzhaftem Nierenversagen oder einer Lungenentzündung zu sterben. Damit einher gehe eine starke Mundtrockenheit, die eine sehr sorgfältige Mundpflege alle zwei Stunden erfordere. Manche*r entscheide sich daher nach wenigen Tagen, das Vorhaben wieder aufzugeben. Für die Angehörigen sei es oft schwer zu erkennen, warum jemand nichts mehr esse oder trinke. Es könne an einer kognitiven Einschränkung durch Demenz, Schlaganfall oder geistiger Behinderung liegen. Appetitlosigkeit trete aber auch in der Sterbephase auf.
Im Verlauf des Vortrages wies Barbara Dürr auf eine sehr gute palliative Behandlung im Hospiz hin und lies nicht unerwähnt, dass die aktive Sterbehilfe beispielsweise in Holland erlaubt, aber in Deutschland strafbar ist.
Immer mehr an Bedeutung fänden die „Letzte Hilfe Kurse“, die auch durch den Förderkreis Hospiz Veronika angeboten werden. In diesen Kursen gehe es um eine gute Begleitung in den letzten Wochen und Monaten eines Lebens in verschiedenen Dimensionen und um eine gute Lebensqualität bis zum Tod eines Menschen.
Hintergrund solcher Kurse seien der demografische Wandel, der Wunsch zuhause zu sterben, die Notwendigkeit anderen beim Sterben beizustehen und die Bildung einer sorgenden Gemeinschaft für alle – auch für die Sterbenden. Wie Erste Hilfe könne man auch die Letzte Hilfe, hier speziell für schwierige Situationen am Ende des Lebens, lernen. Solch einen Kurs möchte die Kolpingsfamilie Zwiefalten zusammen mit der Hospizgruppe im Frühjahr 2025 für Interessierte anbieten, sagte der erste Vorsitzende Dirk Häringer.