Toleranzräume

Bild: Daniel Setzler, Rottenburg.

Ein geistlicher Impuls unserer Geistlichen Leiterin Claudia Hofrichter zur Notwendigkeit gegenseitiger Toleranz.

Die Wanderausstellung „Toleranzräume“ war bis vor wenigen Tagen am Eugen-Bolz-Platz in Rottenburg zu Gast. Es gibt kaum einen besseren Standort, denn Eugen Bolz wirkte als württembergischer Staatspräsident in einer Zeit der deutschen Geschichte, in der die Toleranz abhanden kam und von den Machthabern der NS-Zeit gegeißelt wurde. Nie wieder darf das geschehen. So war die Ausstellung an diesem Ort ein klares Signal.

Toleranz ist kein Selbstläufer. Ohne sich aktiv dafür einzusetzen, gelingt Toleranz nicht. In unserer Gesellschaft gibt es so viele Situationen, in denen sich für viele die Frage stellt, ob das ihren Toleranzlevel überspannt und sie Grenzen ziehen wollen. Nicht alles muss toleriert werden. Es gibt Grenzen. Doch wer die Würde des Menschen nicht achtet, wer das Grundgesetz nicht respektiert, dem gegenüber muss ich keine Toleranz entgegenbringen, sondern mich vielmehr einmischen und für das Ansehen der Menschen eintreten. Sexismus, rechte Gewalt, Diskriminierung, soziale Ausgrenzung, Radikalisierung, queerfeindliche Aussagen, Kriegstreibereien, Völkermord, Antisemitismus und vieles mehr dürfen wir nicht tolerieren. All das widerspricht dem christlichen Menschenbild und einem gemeinwohlorientierten Zusammenleben und Zusammenhalt der Gesellschaft wie der Weltgemeinschaft.

Sich für die Toleranz entscheiden – darum geht es. Das fördert das Zusammenleben. Das bedeutet nicht, dass es keinen Streit gibt und keine Auseinandersetzung um die angemessenen Positionen und Entscheidungen zu vielen Fragestellungen und Themen. Toleranz darf jedoch nie mit Menschenverachtung und Manipulation von Meinungen und Interessen einhergehen.

Jeremias Heppeler hat das Stück „Die ganze Hand“ geschrieben. Es handelt eben von diesem Eugen Bolz, der hin- und hergerissen ist in seinen Entscheidungen, der damals den kleinen Finger gibt, worauf man ihm die ganze Hand und sein Leben nahm. Antidemokratische Ideen und menschenverachtende Handlungen dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Die Ausstellung „Toleranzräume“ ist ein weiteres Lehrstück für Demokratie und gegen Hass.

Übrigens tourt die Ausstellung noch das ganze Jahr durch Deutschland. Die Termine sind hier zu finden: https://www.toleranzraeume.org/tourdaten/

Wenn wir in wenigen Tagen den Europatag feiern, dann ist auch dieser Tag ein Bekenntnis zu Toleranz und Respekt. Toleranz und Respekt sind Voraussetzungen, um in Frieden miteinander zu leben und Konflikte gewaltfrei zu klären. Als Kolpinggeschwister leisten wir unseren Beitrag dazu.

Claudia Hofrichter, Geistliche Leiterin im Diözesanverband Rottenburg-Stuttgart