Verwaltungen und Rechtsaufsicht müssen noch mehr tun

Bild: Allianz für den Freien Sonntag

Bei der Fachtagung zum Sonntagsschutz diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Kirchen, Gewerkschaften und Handel den freien Sonntag.

Rund 60 VertreterInnen der öffentlichen Verwaltung, von Kirchen, Gewerkschaft und aus dem Handel trafen sich gestern in Stuttgart zu einer Fachtagung zum Thema Sonntagsschutz und Sonntagsöffnungen im Einzelhandel. Etwa ein Drittel stellten Personen aus der öffentlichen Verwaltung des Landes Baden-Württemberg – reichend von der Ebene des Ministeriums bis zu Behörden der unteren Verwaltung. Eingeladen hatte die baden-württembergische "Allianz für den freien Sonntag".

 In seinem Eingangsreferat stellte der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht Dr. h. c. Wilhelm Schluckebier die verfassungsrechtliche Bedeutung des Sonntagsschutzes dar und nahm dabei insbesondere auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1.12.2009 zum Berliner Ladenöffnungsgesetz Bezug, an der er selbst beteiligt war. Demnach weist das Grundgesetz dem freien Sonntag eine besondere Bedeutung zu; Ausnahmen sind nur durch einen besonderen ("dem Sonntagsschutz gerecht werdenden") Sachgrund zulässig. Gerade Ladenöffnungen kommt hier "wegen ihrer öffentlichen Wirkung" ein besonderes Gewicht zu. Rein wirtschaftliche Umsatz- und Kaufinteressen seitens Händlern bzw. Kaufinteressenten reichen nicht zur Begründung einer Ausnahme vom Sonntagsschutz aus. Auch der allseits vorgetragene wirtschaftliche Druck auf den Einzelhandel durch den stetig zunehmenden Onlinehandel ergebe wohl nicht mehr Spielraum für gerechtfertigte Ausnahmen, so der Verfassungsexperte und ehemalige Richter.

 In den anschließenden Diskussionsrunden wurde deutlich, dass seitens der Verwaltung und Rechtsaufsicht noch mehr getan werden muss, um im Einzelfall den Anforderungen der Rechtsprechung zur Sonntagsöffnung nachzukommen. "Die Kommunen müssen besser prüfen, bevor sie Sonntagsöffnungen genehmigen", so Bernhard Franke von ver.di Baden-Württemberg.

"Für mehr Rechtssicherheit könnte der Landesgesetzgeber sorgen, indem verkaufsoffene Sonntage nur noch im Wege einer Satzung der Kommunen zugelassen werden, was den Rechtsaufsichtsbehörden eine bessere Kontrolle ermöglichen würde. Hilfreich wäre auch, wenn das Wirtschaftsministerium in gewissen Abständen einen Bericht über alle im Land durchgeführten Sonntagsöffnungen veröffentlichen würde", so Dr. Astrid Deusch (ANP Freiburg).

 Allseits wurde die fortschreitende Digitalisierung als große Herausforderung benannt. Dr. Ralf Stroh von der Bundesallianz für den freien Sonntag betonte: "Sonntagsöffnungen sind ein untaugliches Mittel, um den anstehenden Veränderungen unserer Innenstädte und des Einzelhandels zu begegnen. Nötig sind intelligente Konzepte, um die Innenstädte für Besucher wieder interessant zu machen."

 In einem Schlusswort formulierte Peter Niedergesäss (KAB Stuttgart) den Anspruch der Allianz für den freien Sonntag, den freien Sonntag als kulturelle Errungenschaft und hohes Rechtsgut weiterhin nach Kräften in der Öffentlichkeit zum Thema zu machen.

INFO: In der "Allianz für den freien Sonntag" in Baden-Württemberg haben sich gewerkschaftliche und kirchliche Organisationen zu einem Bündnis für sozialverträgliche Arbeitszeiten zusammenge­schlossen. Sie ist Teil der auf Bundesebene ins Leben gerufenen "Allianz für den freien Sonntag".

Dazu gehören: Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) Erzdiözese Freiburg und Diözese Rottenburg-Stuttgart • Arbeitnehmerpastoral Erzdiözese Freiburg • Betriebsseelsorge Diözese Rottenburg-Stuttgart • Kolping Landesverband Baden-Württemberg • Evangelische Arbeitnehmerschaft (EAN) der Evangelischen Landeskirche in Baden • Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt (KDA) der Evangelischen Landeskirche in Baden • Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt (KDA) der Evangelischen Landeskirche in Württemberg • Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) • Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)